Illustration: Camilla Widmer, avenue.ch

Den Stein ins Rollen bringen …

Im täglichen Sprachgebrauch treffen wir auf Redewendungen, die teilweise jahrtausendealt sind. Gewisse gehen auf die griechische Mythologie zurück, andere auf Bibelstellen. Durch wen «der Stein ins Rollen gebracht» wurde, kann nicht mit letzter Gewissheit gesagt werden. Einer Deutung zufolge geht die Metapher auf die Auferstehungsgeschichte beim Evangelisten Markus zurück, als die drei Frauen nach Ostern am Grab Jesu die Frage stellten, «Wer wälzt uns den Stein von der Grabes Tür»? Andere verordnen den Ausdruck eher beim bedauernswürdigen Sisyphos. Eindeutig biblischen Ursprungs sind jedoch die folgenden Redensarten. Eine Auswahl.

Ein Buch mit sieben Siegeln (Offenbarung 5,1)
Diese Redewendung stammt aus der Offenbarung des Johannes. Ihm wird eine Vision eines Buchs beschrieben, das sieben Siegel trägt und in der rechten Hand Gottes gehalten wird. Es repräsentiert symbolisch Gottes Plan für die Zukunft und enthält Geheimnisse über kommende Ereignisse. Die Vorstellung eines Buches mit sieben Siegeln wird oft verwendet, um auf etwas zu verweisen, das kaum zu verstehen oder zu entschlüsseln ist.

Perlen vor die Säue werfen (Matthäus 7,6)
Jesus verwendete diese Metapher, um zu erklären, dass kostbare Dinge nicht denjenigen gegeben werden sollten, die sie nicht zu schätzen wissen. «Ihr sollt nicht das Heilige den Hunden geben und sollt eure Perlen nicht vor die Säue werfen, damit sie dieselben nicht zertreten mit ihren Füssen und sich umwenden und euch zerreissen.»

Das Licht unter den Scheffel stellen (Matthäus 5,15)
In der Bergpredigt lehrte Jesus, dass niemand eine Leuchte anzündet, um sie unter einen Scheffel zu stellen, sondern auf einen Leuchter, damit sie allen im Haus Licht gibt. Diese Metapher betont die Bedeutung, das Gute, das man hat, nicht zu verbergen, sondern es für andere sichtbar zu machen, um diese zu ermutigen und zu erleuchten.

Jemanden den Kopf kosten (Matthäus 14,8–11)
Diese Redewendung bezieht sich möglicherweise auf die Geschichte von Johannes dem Täufer, der auf Anweisung von Herodes enthauptet wurde. Herodes hatte einen Schwur abgelegt, der die Hinrichtung von Johannes zur Folge hatte, nachdem seine Nichte bei einem Fest tanzte und Herodes ihr versprach, ihr alles zu geben, was sie von ihm fordern würde.

Im Dunkeln tappen (Jesaja 59,9)
Diese Redewendung stammt aus dem Buch Jesaja und beschreibt den Zustand der Menschen, die im Dunkeln wandeln, ohne das Licht der Wahrheit zu sehen. «Wir harren auf Licht, siehe, so ist’s finster, auf Helligkeit, siehe, so wandeln wir im Dunkeln.»

Den Finger in die Wunde legen (Johannes 20,27)
Dieser Ausdruck geht auf die Begebenheit zurück, als Jesus nach seiner Auferstehung Thomas aufforderte, seine Hand an die Wundmale an seiner Seite zu legen, um seinen Glauben zu stärken. Es bedeutet, eine unbequeme Wahrheit anzusprechen oder eine empfindliche Stelle zu berühren, um eine dringende Angelegenheit anzugehen.

Die Spreu vom Weizen trennen (Matthäus 3,12)
Johannes der Täufer sprach diese Worte aus, um die Ankunft des Messias zu verkünden und die Vorstellung zu vermitteln, dass der Messias zwischen denen, die wahrhaftig bekehrt sind, und denen, die es nicht sind, unterscheiden wird. Diese Redewendung wird verwendet, um die Trennung von Gutem und Schlechtem oder von Wertvollem und Wertlosem zu beschreiben.

Sollten Sie der Ansicht sein, diese Auswahl sei nicht wirklich das «A und O» oder beim Lesen sogar gedacht haben, es gebe «nichts Neues unter der Sonne!», dann «prüfen» Sie doch Ihre persönlichen Redewendungen «auf Herz und Nieren». Welche biblischen Ausdrücke verwenden Sie regelmässig? Schreiben Sie sie unten ins Kommentarfeld. Die originellsten Beispiele publizieren wir zu einem späteren Zeitpunkt im Pfarrblatt «Horizonte».


25. März 2024 | Dani Schranz