Die Flagge in Regenbogenfarben gilt bei Menschen der LGBTQIA+Bewegung als Symbol sexueller Vielfalt.

Die Katholische Kirche Aarau in Regenbogenfarben

Am 7. September fand in Aarau die erste «Pride» statt. Und auf der Katholischen Kirche wehte eine Regenbogenfahne. Was bezweckt die Pfarrei damit? Wir haben nachgefragt.

Das Akronym LGBTQIA+ steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen. Mit dem Regenbogen haben sie sich das Versöhnungszeichen Gottes gegenüber dem Menschen angeeignet. Es gibt Leute, die allein schon dies als Blasphemie empfinden. Nun weht ausgerechnet eine solche Regenbogenfahne auf der Kirche Peter und Paul. Warum?

Burghard Förster, Pfarreileiter: Weil wir damit unsere Solidarität zeigen mit Menschen, die in der Gesellschaft noch immer an den Rand gedrängt und diskriminiert werden, und weil wir stolz darauf sind, nah bei den Menschen zu sein, wenn an diesem Samstag in Aarau eine «Pride» stattfindet. Wir wollen ihnen zeigen, dass sie für uns nicht aus dem Schöpfungsbild und dem Menschenbild herausfallen. Und dass die vielfältigen sexuellen Orientierungen Gottesgaben sind. Wir wollen ihnen sagen: «Ihr seid genauso wie alle anderen Menschen geliebte Kinder Gottes».

Die Katholische Kirche solidarisiert sich öffentlich mit sexueller Vielfalt.

Leider nicht alle Menschen oder Verantwortlichen in der Katholischen Kirche, aber unsere Pfarrei und unser Team. Aber die Kirche hat sich auch verändert und weiterentwickelt in Bezug auf die Pastoral und die Seelsorge gegenüber Menschen, die eine gleichgeschlechtliche Liebe leben, so sind zum Beispiel Segnungen vom Papst erlaubt.

Zwischen dem Missbilligen von Homosexualität und dem Hissen einer Fahne liegt ein weiter Raum.

Ja, es ist ein mutiges Zeichen, uns so zu zeigen und uns stark zu machen für jene, die wirklich innerhalb der Gesellschaft eine Lobby brauchen. Es ist für mich ein Ausdruck von christlicher Nächstenliebe. Nicht ein politisches Zeichen, sondern ein menschliches.

Eine Fahne ist eine Markierung der Zugehörigkeit von Gemeinschaften. Ist es angemessen, die Zugehörigkeit der Pfarrei zu Menschen mit besonderen sexuellen Ausrichtungen in dieser starken Form zu manifestieren?

Von Zugehörigkeit würde ich nicht sprechen, der Ausdruck ist mir zu stark, sondern von einer Solidaritätsbekundung. Wir wollen eintreten für Vielfalt, für Freiheit und für Selbstbestimmung in der Gesellschaft – alles Werte, die wir auch teilen. Es ist ein Zeichen für Integration und gegen Ausgrenzung. Innerhalb der Römisch-Katholischen Kirche ist Homosexualität aus zwei Gründen ein Thema. Einerseits wird zu häufig um das 6. Gebot – «Du sollst nicht ehebrechen» – herumargumentiert, und andere Themen werden dadurch vernachlässigt, andererseits weiss man, dass in der Kirche viele Menschen aufgrund ihrer homophilen oder homosexuellen Neigungen in innere Konflikte geraten, da sie ihre Homosexualität nicht leben können. So gesehen ist unsere Aktion nicht nur gegen aussen, sondern auch gegen innen ein Zeichen.

Welche Reaktionen gibt es seitens der Bevölkerung oder der Mitglieder der Pfarrei?

Es gab einen kritischen, aber konstruktiven, höflichen Anruf und eine sehr heftige Reaktion per E-Mail, die ich beantwortet habe. Ansonsten erhalte ich im persönlichen Kontakt positive Reaktionen. Und die Organisatoren der «Pride» haben sich über unsere Solidarität sehr gefreut.


9. September 2024 | Dani Schranz